Montag, 13. Januar 2014

Nikon - Oh - Nikon

Zwischen den Jahren hat man ja traditionell etwas mehr Zeit. Und da das alle möglichen Hersteller wissen, werden gerade vor Weihnachten die neusten Was-Du-Dir-Schon-Immer-Gewünscht-Hast Produkte über die einschlägigen Ticker launciert. Und diesmal hat mich Nikon mit ihrer neuen Df erwischt - jedenfalls fast.

© T. Cremer


Zugegeben, bislang war ich ja immer ein Verfechter des Crop-Sensors und dem Spruch: "Die Kamera brauch höchstens so gut zu sein, wie der Fotograf". In diesem Sinne war ich mit meiner D7000 eigentlich ganz zufrieden. So eine moderne DSLR an ihre Grenzen zu führen ist nämlich gar nicht so einfach. Dabei sind 16 MP ein gutes Maß: Zum einen hat man beim Festlegen des Ausschnitts zwar noch etwas Luft - aber grundsätzlich wird man schon angehalten vorher zu überlegen, wie man den Bildausschnitt wählt. Dazu sind die Objektive verhältnismäßig günstig und zum Teil besser in den Randabdeckungen als beim Vollformat. Und dann ist die ganze Ausrüstung auch noch leichter.

Die Erweckung

Ja - und dann kamen zwei Ereignisse zusammen. Zum einen das Shooting im Hot Jazz Club in Münster. Da habe ich mit aviable light fotografiert und bei der Nachbearbeitung habe ich ganz bewusst Rauschen erzeugt/in Kauf genommen. Hier tauchte zum ersten Mal die Frage auf: "...und was ist, wenn ich das nicht haben will?" Diese Frage schien Nikon gehört zu haben. Sie stellten just zu diesem Zeitpunkt die neue Nikon Df vor.

Die schien alles zu haben, was mein Herz höher schlagen lässt: 
  • Den (rauscharmen) Sensor einer Profi-Kamera (D4),
  • eine moderate Pixel-Anzahl (im Vergleich zur D800)
  • und (sehr sexy) ein Retro-Design
Retro macht mich einfach an - zumal ich mit dem 'analogen' Bedienkonzept der Fuji schon gut Erfahrung gesammelt hatte. 

Aber dann kam das böse Erwachen

Wie schon erwähnt, zwischen den Jahren hatte ich etwas Zeit. Da die Finanzierung dieses feuchten Traums noch nicht stand - die Kamera kostet zur Zeit ca. 40% mehr als die D800, begann ich mich erst einmal zu informieren. 

Somit habe ich Previews, Handouts und Reviews gewälzt. Doch was war das? Da wird ein High-End-Sensor mit dem Autofokus aus der Nikon-D7000 kombiniert? Plug-and-sell? Sind die besoffen? Welchem Marketing-Fuzzie fällt denn so was ein? Entschuldigung (Entrüstungs-Modus aus).

Da hat man doch tatsächlich ein Multi-Cam 4800FX-Autofokussystem (wie in der D600) mit dem D4-Sensor verheiratet. Dieses Multi-Cam 4800FX ist natürlich nicht das Multi-Cam 4800DX aus der D7000 bzw. 5200 (sagt zumindest Nikon) - aber die Ähnlichkeit ist schon verblüffend. Nicht nur die Anzahl der Sensoren, sondern auch die Verteilung der Fokuspunkte über den Sensor soll sich gleichen. - Blöd nur, dass der FX-Sensor (Vollformat) deutlich größer ist, als mein DX-Sensor. Da ich bereits bei meiner D-7000 immer wieder am Rand des Fokusfeldes operiere, hat man in der Df eine geringere Abdeckung bezogen auf die Gesamtfläche des Bildes. Das ist ein absolutes NO-GO!

Da spielt es fast keine Rolle mehr, dass Nikon einen Nacht-Bild-Sensor mit einem nachtblinden Autofukus kombiniert hat. Somit kann sich der Kunde dann entscheiden, ob er für 1000 € leichtes Rauschen (D7100) oder für 3000 € rauschfreien Fehlfokus einkaufen möchte.

Aber der Autofokus schien bei der Entwicklung wohl eh keine Rolle gespielt zu haben: So kann man (fast wie beim Kompatibilitätsversprechen zum IBM-Mainframe) sämtliche Objektive seit 1959 an die Kamera flanschen. Ergo: dem größten Teil der für die Df verfügbaren Objektive fehlt der Autofokus. Eine entsprechende Mattscheibe zum Scharfstellen hat die Kamera aber nicht - und kann auch nicht nachgerüstet werden (wir sind ja nicht bei Canon). Scharfgestellt wird dann - ganz Neo-Retro - über den LiveView. Ach ja, Blende und Zeit wird übrigens im Sucher angezeigt (!!Kopfschütteln!!).

Aber auch das Retro-Design scheint weniger geglückt zu sein, als das der Fujifilm X-Serie. So berichtet Ming Thein, dass die Ergonomie ihn nicht überzeugen konnte, zu uneinheitlich ist die Bedienung, zu wenig passt die Kamera in die Hand.

Zu den falschen Erwartungen

Ich will die Kamera nicht schlecht machen. Es ist nur so, dass sie zu meinen persönlichen Anforderungen, Erwartungen und Preisvorstellungen nicht passt. Wer eine relativ leichte Vollformatkamera sucht, für den Geld keine Rolle spielt und wer überwiegend bei Tageslicht fotografiert, der ist mit der Df sicher gut bedient. Gerade im Porträtbereich habe ich wunderbare Bilder aus der D4 gesehen. Aber auch andere Bereiche profitieren sicher von dem Sensor, wenn man nicht im Halbdunkeln vom Autofokus abhängig ist. Auch sollte eine schnelle und leichtgängige Bedienung nicht unbedingt von Nöten sein (Stichwort Entschleunigung?). Bei solchen Anforderungen ist dann auch nicht nur die Kamera, sondern sicher auch die Bilder ein Hingucker.

Was bleibt

Nach dieser bösen Enttäuschung (mein Finanzminister hat übrigens ein Freudenfeuer entfacht) habe ich erst mal den Markt an Vollformaten gescannt. Soll ich wirklich zu Canon wechseln? Oder wird es für die alpha7R mit ihrem 4/3-Bajonett jemals gute Linsen geben? 

Ich glaube ich bleib erst mal bei meiner D7000 und warte auf die D7200 oder D700s oder meinetwegen auch eine Was-Weiß-Ich - auf jeden Fall sind die Anforderungen:
  • Rauscharm
  • Leicht
  • Ergonomische Bedienung
  • Moderat Pixelzahl (das kann ja auch schon nächstes Jahr 36 MP bedeuten)
  • Klapp-Display
  • Blitz an Bord
  • Kamerasteuerung über WLAN
  • Vielleicht GPS
  • Auf jeden Fall die Verfügbarkeit von guten Linsen
Der Formfaktor ist nicht entscheidend - und wird es in Zukunft wahrscheinlich immer weniger. 
Wenn das mal nicht eine Handy-Kamera wird... ;-)

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